Verletzung der Syndesmose am oberen Sprunggelenk

Umknickverletzungen des oberen Sprunggelenks sind ein sehr häufiges Verletzungsmuster – in Deutschland etwa 800 mal pro Tag. Bei etwa 10% der Umknickverletzungen kommt es dabei zu einer Verletzung der Syndesmose am oberen Sprunggelenk.

Syndesmosenverletzungen sind schwere und langwierige Verletzungen. Michael Ballack (2010) und Marco Reus (2014) konnten jeweils wegen einer Verletzung der Syndesmose nicht an der Fußball-WM teilnehmen.

Sprunggelenk Schmerzen Syndesmose

Ursache und Krankheitsbild

Die Syndesmose ist eine komplexe Bandverbindung zwischen Schienbein (Tibia) und Wadenbein (Fibula) direkt oberhalb des oberen Sprunggelenks. Sie verhindert, dass die Sprunggelenksgabel aus Tibia und Fibula bei Belastung auseinanderweicht.

Typischer Unfallmechanismus bei Syndesmosenverletzung ist eine gewaltsame Auswärtsdrehung des belasteten Fußes. Beispiel: fixierter rechter Fuß (Gegenspieler oder kleines Loch im Boden) und gleichzeitige Körperdrehung nach links. Dadurch wird die Sprunggelenksgabel vom Sprungbein (Talus) auseinandergedrückt und die Syndesmose kann verletzt werden. Fast immer kommt es bei einer Schädigung der Syndesmose zu Begleitverletzungen wie Sprunggelenksfraktur, Bänderriss am oberen Sprunggelenk oder Osteochondrale Läsion des Talus.

Direkt nach solch einem Unfall bestehen oft starke Schwellung, Schmerzen und Gehunfähigkeit.

Bei länger bestehender Syndesmosenverletzung findet man neben chronischer Instabilität und Schmerzen häufig ein anterolaterales Impingement des oberen Sprunggelenks. Auf Dauer kann sich aus einer Syndesmosenverletzung eine Arthrose im oberen Sprunggelenk entwickeln.

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Diagnostik bei Syndesmosenverletzung

Ärztliche Untersuchung

Besteht bereits der Verdacht einer Syndesmosenverletzung, kann vom Fußspezialisten mit speziellen Tests (Frick-Test, Squeeze-Test, hochauflösende Sonografie) die Stabilität der Syndesmose gezielt untersucht werden.

Bei der Untersuchung direkt nach einem Umknickereignis stehen zunächst oft starke Schmerzen und offensichtlichere Verletzungen wie die Sprunggelenksfraktur im Vordergrund. In so einer Situation in die gezielte Untersuchung der Syndesmose nicht sinvoll.

Bleiben Beschwerden auch mehrere Wochen nach einem Umknickereignis des oberen Sprunggelenks bestehen , kommt als Schmerzursache eine chronische Syndesmoseninstabilität in Frage. Bei der klinischen Untersuchung muss Ihr Fußspezialist aber auch andere Diagnosen in Betracht ziehen, die ähnliche Beschwerden verursachen können, zum Beispiel eine Osteochonrale Läsion des Talus, ein posttraumatisches Impingement des oberen Sprunggelenks oder eine in Fehlstellung ausgeheilte Fraktur des oberen Sprunggelenks.

Bildgebende Verfahren

Direkt nach einem schweren Umknickereignis führen wir regelhaft ein MRT durch, um das Ausmaß der Verletzung besser abschätzen zu können. Falls der Verdacht eines Knochenbruchs im Raum steht, erfolgt zusätzlich die Digitale Volumentomografie.

Um eine Syndesmosenverletzung zu finden, sind MRT Aufnahmen bestens geeignet: fast 100% aller Verletzungen der Syndesmose können mit einem MRT gefunden werden (Sensitivität).

Bei länger zurückliegenden Verletzungen steht eine andere Frage im Raum: die funktionelle Stabilität der Syndesmose. Dies kann mit einem MRT heute noch nicht beantwortet werden. Hierzu nutzen wir die DVT: zunächst werden hochauflösende DVT Bilder unter Belastung im aufrechten Stand angefertigt. Dann erfolgt eine zweite DVT-Aufnahme mit Beugung (Dorsalextension) und Rotation des oberen Sprunggelenks. Dadurch kommt mechanischer Stress auf die Sprunggelenksgabel und bei instabiler Syndesmose werden Schienbein und Wadenbein auseinandergedrückt. Genau genommen bewegt sich das Wadenbein vom Schiebein weg nach hinten (dorsal) und außen (lateral).

Nachweis einer Syndesmosenverletzung durch Arthroskopie des oberen Sprunggelenks

Ärztliche Untersuchung und bildgebende Methoden (MRT & DVT) führen gelegentlich zu keinem klaren Ergebnis. Wenn der betroffene Patient Beschwerden hat oder sehr hohe funktionelle Ansprüche bestehen (Leistungssportler), wird durch eine Gelenkspiegelung (Arthroskopie) definitiv geklärt ob die Syndesmosenverletzung operativ versorgt werden muss oder nicht.

Mit dieser Schlüssellochtechnik kann ein erfahrener Operateur die Instabilität der Syndesmose am oberen Sprunggelenk direkt nachweisen oder ausschließen. Dabei wird die mechanische Stabilität der Syndesmosenbänder durch Stress auf den Syndesmosenspalt und den medial clear space des oberen Sprunggelenks (z.B. mit einem Shaver) geprüft. Falls hier eine Instabilität von mehr als 3mm nachweisbar ist, muss von einer höhergradigen operationspflichtigen Verletzung der Syndesmosenbänder des oberen Sprunggelenks ausgegangen werden.

Anatomie von Syndesmose und oberem Sprunggelenk

Beim gesunden oberen Sprunggelenk kann sich das Wadenbein 1-1,5mm vom Schienbein wegbewegen (Peter RE, et al., J Orthop Trauma, 1994). Diese minimale aber wichtige Bewegung wird begrenzt durch die mechanische Stabilität einer intakten Syndesmose.

Vor allem bei einer Drehung des Sprungbeins (Talus) nach außen kommt es durch die besondere Form des Talus zu starker mechanischer Beanspruchung der Syndesmose. Genau so wird auch der typische Unfallmechanismus bei Syndesmosenverletzung von Patienten beschrieben: eine Drehung des Unterschenkels nach Innen bei fixiertem Fuß führt zur gewaltsamen Auswärtsdrehung des Talus in der Sprunggelenksgabel.

Warum ist nicht jede Syndesmosenverletzung gleich?

Genau genommen gibt es anatomisch nicht „die Syndesmose“. Vielmehr handelt es sich um mehrere einzelne Bänder, die zusammen eine gemeinsame Funktion erfüllen. Wird nur ein Teil dieser Bänder verletzt, führt dies zwar zu Beschwerden, aber meist nicht zu einer relevanten Instabilität. Erst wenn das zentrale Ligamentum tibiofibulare interosseum reißt, kommt es zu einer ausgeprägten Instabilität der Syndesmosenbänder und damit des oberen Sprunggelenks.

Warum ist die Stabilität der Syndesmosenbänder so wichtig?

Zum einen führt eine schwere Instabilität der Syndesmose kurzfristig zu Beschwerden für den Patienten. Viel wichtiger allerdings: durch die Syndesmoseninstabilität kommt es bereits ab einer Verschiebung der Knochen von mehr als 2mm zu einer schlechteren Druckverteilung auf den Knorpel im oberen Sprunggelenk. Nach übereinstimmender Expertenmeinung führt dies zur deutlich schnelleren Entwicklung einer Arthrose im oberen Sprunggelenk.

Syndesmosenverletzung – wie schlimm ist es bei mir?

Frische Verletzungen der Syndesmosenbänder zusammen mit einer Sprunggelenksfraktur (z.B. Weber C Fraktur) sollten direkt in der Notaufnahme diagnostiziert und operativ behandelt werden.

Wird eine relevante Verletzung der Syndesmose zunächst nicht behandelt und führt zur chronischen Instabilität, steht für betroffenen Patienten vor allem die Frage im Raum, ob eine Operation notwendig ist oder nicht. In Anlehnung an die von R. Grass vorgeschlagene Klassifikation der Syndesmoseninsuffizienz nutzen wir folgende Entscheidungskriterien:

Lockerung des syndesmalen Bandapparates (Grad 1)

Betroffene Patienten klagen eher ein diskretes Instabilitätsgefühl, die Röntgendiagnostik zeigt zwischen Wadenbein und Schienbein eine Verschiebung der Knochen um weniger als 2mm (espace claire) und im Stresstests zeigt keine Subluxation des Sprungbeins. Diese Befundkombination entpricht einer Instabilität ersten Grades. Aus unserer Sicht ist hier die operative Rekonstruktion der Syndesmosenbänder in aller Regel nicht erforderlich.

Höhergradige Syndesmoseninsuffizienz (Grad 2-4)

Besteht ein starkes Instabilitätsgefühl der Patienten zusammen mit einem auffälligen „medial clear space“ zwischen Innenknöchel und medialer Talusschulter beim Stresstest in Röntgen oder DVT (Grad2) oder schon bei belasteten Röntgenaufnahmen im stehen (Grad 3) oder kommt eine relevante Fehlstellung des Wadenbeins >5mm dazu (Grad4), sollten sich die betroffenen Patienten direkt an ein entsprechend spezialisiertes Zentrum für Fuß und Sprunggelenk wenden.

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Therapie bei Verletzung der Syndesmose am oberen Sprunggelenk

Akutphase

Direkt nach einem schweren Umknickereignis steht die Schmerzlinderung im Vordergrund. Die P.E.C.H. Regel (Pause, Eis, Compression, Hochlegen) ist hier ein guter Leitfaden. Zur Ruhigstellung und Entlastung nutzen wir oft Gehstützen, Orthesen, Walker oder zu Beginn eine Gipslongette – abhängig von der jeweiligen Situation.

Bei stabilen Syndesmoseverletzungen empfehlen wir 2 Wochen Teilbelastung mit 20kg im Walker und danach weitere 4 Wochen Walker unter Vollbelastung. Oft wird die notwendige Therapie jedoch von den Begleitverletzungen mitbestimmt.

Früh entdeckte Syndesmosenverletzungen

Besteht im DVT oder Röntgen eine offensichtliche Instabilität der Syndesmose (meist begleitet von Frakturen oder weiteren Bandverletzungen, z.B. Weber C Fraktur) empfehlen wir eine frühe operative Stabilisierung, möglichst innerhalb von 14 Tagen nach dem Unfall. Dabei wird die Sprungglenksgabel mit einer Stellschraube in die dreidimensional korrekte Position gebracht und falls möglich das vordere Syndesmosenband genäht.

Verschleppte Syndesmosenverletzung

Bei länger bestehender schmerzhafter Verletzung der Syndesmose muss zu Beginn die genaue Schmerzursache geklärt werden.

Hat die Syndesmosenverletzung lediglich zu einem anterolateralen Impingement des oberen Sprunggelenks geführt, kann dies elegant mit Injektionen und einer Arthroskopie gelöst werden. Dies führt regelhaft zu sehr guten Ergebnissen mit voller Belastbarkeit.

Steht die Instabiltät der Syndesmose im Vordergrund (Syndesmoseninsuffizienz Grad 2-4), sollte eine Rekonstruktion der geschädigten Bänder erfolgen. So kann die Wahrscheinlichkeit einer späteren Arthrose deutlich reduziert werden.

Ist durch die Instabilität bereits ein schwerer Verschleiß des Gelenkknorpels mit Veränderung der Knochenstruktur eingetreten, handelt es sich um eine Arthrose im oberen Sprunggelenk. Für diese Situation gibt es abhängig von der Ausprägung eigene Therapieprinzipien.