Luxation der Peronealsehnen
Ursache und Krankheitsbild
Die Luxation der Peronealsehnen ist oft eine Unfallfolge und die häufigste Verletzung der Peronealsehnen: Nach einer Umknickverletzung treten Schmerzen und Schwellung hinter und unter dem Außenknöchel auf. Viele Patienten können nach dem Unfall durch hochziehen des Fußaußenrandes ein schmerzhaftes hervorspringen und schnappen der Peronealsehnen hinter dem Außenknöchel hervorrufen. Dieses Phänomen nennt man Peronealsehnenluxation. Häufig betroffen sind Fußballspieler, Skifahrer, Tänzer, Tennisspieler und Segler.
Risikofaktoren für eine solche Verletzung sind eine zu flache Gleitrinne der Peronealsehnen hinter dem Außenknöchel, eine chronische Instabilität des oberen Sprunggelenks, ein Hohlfuß oder eine generalisierte Bandlaxizität. Überdurchschnittlich häufig findet sich eine Peronealsehnenluxation im Zusammenhang mit schwer verschobenen Brüchen des Fersenbeins (Luxationsfraktur des Calcaneus).
Die schmerzhaften Luxationen treten auf Dauer zunehmend ungewollt bei den Patienten auf. Es entsteht eine chronische Entzündung mit zunehmender Degeneration der Peronealsehnen und drohender Ruptur.
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Diagnostik bei Luxation der Peronealsehnen
Direkt nach einem Unfall wird die Peronealsehnenluxation oft übersehen, weil andere Verletzungen im Vordergrund stehen – z.B. ein Bänderrriss am oberen Sprunggelenk oder eine Sprunggelenksfraktur. Oft vergehen viele Monate bis zur Diagosestellung „Luxation der Peronealsehne(n)“ durch einen Fußspezialisten.
Bei der ärztlichen Untersuchung durch einen Fußspezialisten zeigt sich oft ein typischer Druckschmerz direkt über der verletzten Zügelung der Peronealsehnen (Retinaculum peroneale superius). Zudem zeigen sich Schmerzen bei gezielter Anspannung der Peronealsehnen – also bei aktivem Anheben des Fußaßenrandes gegen Widerstand.
Viele Patienten berichten von einem eindrucksvollen „schnappen“ der Sehnen bei einer bestimmten Bewegung. Einige Patienten können dies bewußt herbeiführen. Oft kann das „schnappen“ der Sehne auch als wiederkehrende prominente Bewegung der Sehne über der Außenseite der Wadenbeinspitze beobachtet werden.
Die Diagnose Peronealsehnenluxation kann (bei entsprechender Kenntnis des Untersuchers) oft schon durch eine dynamische Ultraschalluntersuchung bestätigt werden. Das hervorluxieren der Peronealsehne(n) ist dann direkt für den Untersucher sichtbar. Zudem können dabie auch begleitende Entzündungen der Peronealsehnen nachgewiesen werden.
MRT und DVT bei Peronealsehnenluxation
Um das vollständige Ausmaß der gesamten Verletzung abschätzen zu können, sollte regelhaft ein MRT durchgeführt werden. Spätestens zur exakten Planung der oft notwendigen Operation ist ein MRT aus unserer Sicht unverzichbar.
Können bei einem Riss die beiden Sehnen Peroneus longus und Peroneus brevis im MRT nicht sicher auseinandergehalten werden, gilt folgende Entscheidungshilfe: die Peroneus longus Sehne zeigt Läsionen fast ausschließlich auf Höhe des Os Peroneum / Os Cuboideum. Schädigungen der Peroneus brevis Sehne finden sich sehr häufig im Bereich der Wadenbeinspitze (Fibula).
Falls keine Röntgenbilder des Fußes unter axialer Vollbelastung vorliegen, kann mithilfe des DVT sowohl die Fußsatatik als auch die exakte Ausprägung der Peronealsehnenrinne sehr gut beurteilt werden. Insbesondere bei vorausgegangenen Knochenbrüchen an Sprunggelenk, Talus oder Fersenbein sollte diese Untersuchung erfolgen.
Klassifikation bei Luxation der Peronealsehnen
Um das Verletzungsausmaß nach Peronealsehnenluxation besser einschätzen zu können, wurde eine Einteilung anhand der beteiligten anatomischen Strukturen erstellt (Klassifikation nach Eckert und Davis, modifiziert nach Oden):
- Grad 1: die Zügelung der Peronealsehnen hinter dem Wadenbein ist abgerissen (Abriss des Retinakulums) – wie im Beispielbild hier unmittelbar oberhalb (mit >50% die häufigste Verletzungsform).
- Grad 2: zusätzlich zu Grad 1 Abriss der knorpeligen Begrenzung der Peronealsehnenrinne vom Wadenbein
- Grad 3: zusätzlich zu Grad 2 ein knöcherner Ausirss der knorpeligen Begrenzung der Peronealsehnenrinne
- Grad 4: vollständige Zerreißung der Peronelasehnenzügelung (Retinaculum peroneale superius)
Peronealsehnenluxation mit begleitendem Tendon Split
Besteht die Peronealsehnenluxation schon über längere Zeit, entsteht als Folge häufig eine langstreckige Schädigung der Peroneus brevis Sehne. Dabei spaltet sich die Peroneus brevis Sehne der Länge nach über mehrer Zentimeter Länge in zwei oder mehr Sehnenzügel auf. Diese als Tendon Split bezeichnete Situation wird oft übersehen oder fehlinterpretiert.
Pereoneus quartus Muskel & Luxation der Peronealsehnen
Hinweis für interessierte Kollegen und Angehörige der Heilberufe: typisch beim langstreckigen Tendon Split der Peroneus Brevis Sehne ist, dass in der transversalen Darstellung nicht zwei sondern vermeintlich drei Sehnen im Bereich des Peronealen Gleitlagers zur Darstellung kommen. Dies darf nicht mit der anatomischen Variante eines Musculus peroneus quartus verwechselt werden.
Bei Ausbildung eines Peroneus quartus Muskels finden sich tatächlich drei Sehnen im Peronealen Gleitlager. In der Literatur wird die Häufigkeit des peroneus quartus Muskels mit circa 25% angegeben. Auch der Peroneus quartus Muskel kann Beschwerden hinter dem Außenknöchel verursachen. Eine zusätzliche Luxation von Peronealsehnen findet sich aber in diesen Fällen in aller Regel nicht. Wichtiges Entscheidungskriterium, falls ein peroneus quartus Muskel vermutet wird, aber nicht sicher nachgewiesen werden kann: in sehr vielen Fällen ist das Auftreten des Peroneus quartus Muskels mit einem deutlich vergrößerten Tuberculum peroneale assoziiert.
Therapie bei Luxation der Peronealsehnen
Auch beim erstmaligen Auftreten einer Luxation der Peronealsehnen sollte die operative Therapie erfolgen. Da die Peronealmuskulatur eine wichtige Halte- und Stabilisierungsfunktion erfüllt, werden deren Sehnen bei jedem Schritt angespannt und eine Ausheilung ohne Operation hat nur geringe Erfolgschancen. Zudem ist die Nachbehandlung bei einer Operation für die meist jungen Patienten deutlich kürzer und angenehmer.
Denkbare Ausnahmen von der allgemeinen Empfehlung einer operativen Therapie der Peronealsehnenluxation sind sehr alte und/oder sehr kranke Patienten mit hohem perioperativen Risiko. Nach Zwipp und Rammelt (Tscherne: Unfallchirurgie Fuß, 2014) ist die nicht operative Therapie mit einer sehr hohen Rezidivrate von mindestens 50% verbunden.
Um die passende OP-Methode für jeden Patienten individuell festlegen zu können, sind vor dem Eingriff Ultraschall, DVT und MRT Untersuchungen notwendig. Denn je nach Schwere der Verletzung und Ausprägung der peronealen Gleitrinne kommen unterschiedliche OP-Methoden zur Anwendung.
Operation bei Peronealsehnenluxation
In vielen Fällen kann bei frischen Verletzungen und ausgeprägt konkaver peronealer Gleitrinne die alleinige operative Rekonstruktion des Retinakulum peroneale superius erfolgreich sein. Die Erfolgsrate dieses Vorgehens von über 95% wurde in der Fachliteratur mehrfach bestätigt. Zusätzlich müssen natürlich die beim Unfall entstandenen Begleitverletzungen therapiert werden.
Operation mit Vertiefung der Gleitrinne für die Peronealsehnen
In einigen Fällen ist bei Luxation der Peronealsehnen eine Vertiefung der peronealen Gleitrinne erforderlich. Bei dieser OP wird die harte äußere Schicht des Wadenbeinknochens (Fibula) im Bereich der Peronealsehnenrinne wie ein Türflügel aufgeklappt und der dahinterliegende weiche Knochen zum Teil entfernt. Dann kann der „harte Türflügel“ wieder zugeklappt werden und eine vertiefte Gleitrinne für die Peronealsehnen ist entstanden. Mit dieser OP Methode kann die erneute Luxation der Peronealsehnen in fast allen Fällen verhindert werden!
Begleiterkrankungen nicht vergessen!
Zentrales Element bei der Operationsplanung ist die Frage, ob eine eindeutige Ursache für die Peronealsehnenluxation bekannt ist. Abhängig davon werden von Ihrem Fußspezialisten dann die möglichweise notwendigen Zusatzeingriffe geplant. Typisch ist zum Beispiel die Überlastung und wiederkehrende Peronealsehnenluxation bei Hohlfuß. In dieser Konstellation kann es zusätzlch zur Stabiliisierung der Peronealsehnen sinnvoll sein, den Hohfuß zu korrigieren – zum Beispiel durch eine valgisierende Fersenosteotomie und / oder eine Mittelfußosteotomie.
Während der Operation einer schon länger bestehenden Instabilität der Peronealsehnen sollten vorhandene Längsrisse (Tendon Split) der Peronealsehnen genäht werden. Solche Verletzungsfolgen können vor dem Eingriff sehr gut im MRT nachgewiesen werden. Chronische Instabilitäten des oberen Sprunggelenks sollten während eines Eingriffs bei Peronealsehnenluxation ebenfalls mit adressiert werden.
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Nachbehandlung bei Luxation der Peronealsehnen
Abhängig von der individuelle Ausgangssituation und der geplanten Therapie Ihres Fußspezialisten kann die Nachbehandlung einer Peronealsehnenluxation sehr unterschiedlich sein. Deshalb beschreiben wir die Nachbehandlung im Zentrum für Fuß und Sprunggelenk für drei typische Situationen: konservative Therapie ohne Operation, Naht der verletzten Bänder (Rekonstruktion des Retinakulum peroneale superius) und operative Vertiefung der Gleitrinne für die Peronealsehnen.
Konservative Therapie einer Peronealsehnenluxation
Die Therapie einer Peronealsehnenluxation ohne Operation kommt für uns nur bei Patienten mit schweren Vorerkrankungen und hohem perioperativem Risiko in Frage. Wann immer sinnvoll möglich, sollte eine Peronealsehnenluxation operativ therapiert werden.
Damit die Bandführung der Peronealsehnen hinter dem Außenknöchel eine Chance hat ohne Operation auszuheilen, muss zunächst durch einen Fußspezialisten sichergestellt werden, dass sich beide Peronealsehnen nach der Luxation wieder in der Gleitrinne befinden. Dann werden Fuß und Unterschenkel in einer bestimmten Position für 6 Wochen mit einem zirkulären Gips ruhiggestellt (Neutralposition OSG und leichte Vorfußpronation). In diesen 6 Wochen darf der Patient nicht auftreten – der betroffene Fuß wird also mit Hilfe von Gehstützen oder einem Rollstuhl vollständig entlastet.
Mit einer konsequent umgesetzten nichtoperativen Therapie kann je nach Ausgangssituation bei bestenfalls 50% der Patienten ein befriedigendes Ergebnis erzielt werden. Bei Begleitverletzungen oder chronischer Luxation der Peronealsehnen sind die Ergebnisse noch deutlich schlechter.
Keypoints konservative Therapie nach Peronealsehnenluxation
Ruhigstellung: 6 Wochen zirkulärer Gips
Belastbarkeit: 6 Wochen vollständige Entlastung
Physiotherapie: Beginn nach 6 Wochen
Ergebnisqualität: in maximal 50% befriedigend
Rekonstruktion des Retinakulum peroneale superius
Die chirurgische Rekonstruktion des Halteapparats der Peronealsehnen hinter dem Außenknöchel kommt für allem für frische Verletzungen mit ausgeprägter Peronealsehnenrinne in Frage. Wird die Verletzung rechtzeitig erkannt und konsequent therapiert, können so in über 95% positive Ergebnisse durch die Operation erzielt werden.
Die Nachbehandlung bei Rekonstruktion des Retinakulum peroneale superius besteht aus 6 Wochen vollständiger Entlastung mit einer abnehmbaren dorsalen Castlongette (Gipsschiene) in Neutralstellung des OSG und leichter Vorfußpronation. Bereits kurz nach der Operation kann mit passiver Physiotherapie begonnen werden. Dadurch sollen Verklebungen der Sehnen vermeiden werden. Nach zwei Wochen (Abschluss der Wundheilung) beginnt die aktive Physiotherapie. Dabei muss das kräftige Anheben des Fußaußenrandes (Aktivierung des Peroneus brevis Muskels) in den ersten 6 Wochen nach der OP zwingend vermieden werden.
Keypoints Rekonstruktion des Retinakulum peroneale superius
Ruhigstellung: 6 Wochen abnehmbare Castlongette
Belastbarkeit: 6 Wochen vollständige Entlastung
Physiotherapie: Beginn direkt nach der Operation
Ergebnisqualität: 95% positive Ergebnisse
Vertiefung der Gleitrinne für die Peronealsehnen
Bei Peronealsehnenluxation mit schlecht ausgeformter peronealer Gleitrinne hinter dem Außenknöchel ist eine Vertiefung der Gleitrinne notwendig. Auch bei spät entdeckter, chronischer Luxationen der Peronealsehnen ist die Vertiefung der Gleitrinne das Mittel der Wahl.
Aufgrund der deutlich stabileren (knöchernen) Führung der Peronealsehnen nach dem Eingriff kann die Nachbehandlung früher beginnen und der Fuß kann früher belastet werden. Im OP wird zur Wundkonditionierung eine dorsale Castlongette angelegt. Passive und aktive Physiotherapie kann unter Vermeidung der Aktivierung des Peroneus brevis Muskels (kräftiges Anheben des Fußaußenrandes) direkt nach der Operation beginnen. Bereits wenige Tage nach dem Eingriff können die Patienten die Castlongette ablegen und mit einem Longwalker in Neutralposition des OSG unter Vollbelastung mobilisiert werden. Der Boot / Longwalker wird für 6 Wochen nach der Operation getragen.
Keypoints Vertiefung der peronealen Gleitrinne
Ruhigstellung: 6 Wochen Longwalker
Belastbarkeit: Vollbelastung im Longwalker
Physiotherapie: Beginn direkt nach der OP
Ergebnisqualität: 95% positive Ergebnisse
Nachbehandlung der Peronealsehnenluxaton bei gleichzeitiger Therapie von Begleitverletzungen
In einigen Fällen bestimmt die Begleitverletzung der Peronealsehnenluxation die Nachbehandlung. Häufiges Beispiel sind Bänderrisse des oberen Sprunggelenks, die je nach Methode mit 6 Wochen Gips ohne Belastung therapiert werden.