Sinus Tarsi Syndrom

Ursache und Krankheitsbild

Sinus Tarsi Syndrom beschreibt Schmerzen im Bereich einer bestimmten anatomischen Struktur – dem Sinus Tarsi. Der Sinus Tarsi ist ein knöcherner Hohlraum auf der Außenseite des Fußes, knapp vor und unterhalb der Außenknöchelspitze. Innerhalb dieses Hohlraums befinden sich sehr viele Nerven und wichtige Bänder, denn der Sinus Tarsi gehört bereits zum unteren Sprunggelenk.

Unsere Patienten beschreiben bei Sinus Tarsi Syndrom vorrangig Schmerzen auf der Außenseite des Fußes, oft begleitet von einem Gefühl der Instabilität. Der Begriff Sinus Tarsi Syndrom beschreibt kein spezifisches Krankheitsbild, sondern steht stellvertretend für verschiedene Erkrankungen des Fußes, die sehr ähnliche Beschwerden an derselben Stelle verursachen – nämlich im Bereich des Sinus Tarsi.

Ursachen für Sinus Tarsi Syndrom:

  • Bandverletzung nach einem Unfall, z.B. Umknicken (häufigste Ursache)
  • Knöcherne Verletzung nach einem Unfall, z.B. Fersenbeinfraktur
  • Schwere Fußfehlstellung, z.B. Knick-Senkfuß
  • Arthrose im unteren Sprunggelenk
  • Einklemmung von Weichteilen und Zysten
  • Rheumatoide Arthritis
  • Nozizeptives / Propriozeptives Defizit
  • Metastasen / Tumor (sehr selten)
  • Pigmentierte villonoduläre Synovialitis (sehr sehr selten)
Sinus Tarsi Syndrom Schmerzen unterhalb des Außenknöchels
Typische Beschweden Bei Sinus Tarsi Syndrom unterhalb der Außenknöchelspitze nach einer Umknickverletzung. Oft besteht gleichzeitig das Gefühl einer Instabilität beim gehen und laufen. ©: Lovrencg, Adobe.Stock.com

Befunde bei einem typischen Patienten mit Sinus Tarsi Syndrom

  • Anhaltende Schmerzen nach Umknicken
  • Im Rö / CT / DVT kein Knochenbruch
  • Im MRT Entzündungszeichen im unteren Sprunggelenk und Sinus Tarsi
  • Kurzfristige Besserung der Beschwerden nach Injektion in den Sinus Tarsi

Anatomie des Sinus Tarsi

Der Sinus Tarsi ist ein Hohlraum und findet sich zwischen dem Fersenbein (unterhalb) und dem Sprungbein (oberhalb). Ausgefüllt wird dieser Hohlraum durch Fettgewebe, einen gelegentlich vorkommenden Schleimbeutel und einer wichtigen Bandstruktur: dem Ligamentum talocalcaneare interosseum. Dieses Band des unteren Sprunggelenks wird immer wieder mit dem vorderen Kreuzband des Kniegelenks verglichen und trägt ähnliche viele empfindliche Nervenfasern. In einer Vielzahl von Patienten mit Sinus Tarsi Syndrom nach einer Verletzung (die häufigste Ursache) findet man Schäden oder entzündliche Veränderungen des Ligamentum talocalcaneare interosseum.

Übrigens: Sinus Tarsi Syndrom und Canalis Tarsi Syndrom beschreiben nicht die selbe Erkrankung. Das Canalis Tarsi Syndrom ist eine wirklich seltene Erkrankung mit Schmerzen auf der Innenseite des Fußes (und nicht auf der Außenseite wie beim Sinus Tarsi Syndrom).

Sinus Tarsi Syndrom Anatomie 3D Bild
Anatomie des Sinus Tarsi: Blick auf den Fuß von der Außenseite. Blau eingekreist ist die typische Schmerzregion bei Sinus Tarsi Syndrom. Die blauen Linien in der Mitte des Kreises zeigen die knöchernen Ränder von Fersenbein (Calcaneus) und Sprungbein (Talus) welche die Begrenzung des Sinus Tarsi darstellen. © Lovrencg by Adobe.Stock.com, bearbeitet von Ben W. Frach

Diagnostik bei Sinus Tarsi Syndrom

Patienten mit der Diagnose „Sinus Tarsi Syndrom“ sind nur noch nicht gut genug untersucht worden – so lässt sich, etwas zugespitzt formuliert, die Ausgangssituation vor Beginn der Behandlung beschreiben.  Nach erfolgter Diagnostik und Therapie wird der Begriff „Sinus Tarsi Syndrom“ oft durch eine genauere Diagnose ersetzt (z.B. Partialruptur des Ligamentum talocalcaneare interosseum).

Bei der klinischen Untersuchung findet Ihr Spezialist für Fuß und Sprunggelenk Druckschmerzen und gelegentlich Schwellung im Bereich des Sinus Tarsi. Oft kann durch den bisherigen Krankheitsverlauf ein Rückschluss auf mögliche Ursachen bezogen werden: plötzlicher Beginn mit anhaltenden Beschwerden nach einer Verletzung oder langsamer Beginn mit stetiger Verschlechterung z.B. bei Arthrose im unteren Sprunggelenk.

Die von den Patienten oft geklagt Instabilität lässt sich bei der Untersuchung meist nicht sicher nachvollziehen. Falls ein schwerer Knick-Senkfuß oder eine ausgeprägte Arthrose im unteren Sprunggelenk die Ursache sind, zeigen sich bei der Untersuchung bereits die ersten verlässlichen Hinweise.

Durch gezielte Ultraschalluntersuchung können große Zysten und Schleimbeutel aufgespürt nachgewiesen werden. Mit der fortschrittlichen SMI-Ultraschallmethode (super-mikrovascular imaging) wird eine Entzündung des Fettkörpers im Sinus Tarsi sichtbar. Mit dynamischer Pedobarografie kann in vielen Fällen ein propriozeptives Defizit aufgedeckt werden. Auch ausgeprägte Instabilitäten kommen so zum Vorschein.

Wichtigster Teil der Diagnostik bei Sinus Tarsi Syndrom ist neben der Untersuchung durch einen Spezialisten die Bildgebung mit MRT und DVT. So können viele der häufigen Ursachen sicher nachgewiesen werden. Insbesondere knöcherne Fehlstellungen, alte Verletzungen (häufigste Ursache) und Arthrose werden so aufgedeckt.

Bei entsprechendem Verdacht sollte mit einer Laboruntersuchung gezielt nach Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises gesucht werden. Insbesondere Rheumatoide Arthritis ist nach unserer Erfahrung oft mit Beschwerden wie bei Sinus Tarsi Syndrom verbunden. Hintergrund: Rheumatoide Arthritis befällt überdurchschnittlich häufig das unmittelbar an den Sinus Tarsi angrenzende untere Sprunggelenk und führt so zu den typischen Beschwerden.

Bestehen nur milde Beschwerden und soll keine umfassende Diagnostik erfolgen, kann im ersten Schritt auch eine diagnostische Infiltration im Bereich des Sinus Tarsi mit Schmerzmittel (z.B. Bucain) und einem kortisonhaltigen Präparat (z.B. Lipotalon) erfolgen. Damit kommt man zwar der Ursache des Sinus Tarsi Syndroms nicht näher, die Patienten erfahren aber eine unmittelbare und oft länger anhaltende Beschwerdelinderung.

Achtung: das Areal des Sinus Tarsi ist klein und kann leicht verfehlt werden. Besteht trotz ausbleibender Besserung nach einer Injektion weiterhin der Verdacht eines Sinus Tarsi Syndroms, empfehlen wir einen Spezialisten für Fuß und Sprunggelenk zu konsultieren.

Diagnose Sinus Tarsi Syndrom – was kann ich tun?

Nach unserer Erfahrung entsteht die Diagnose Sinus Tarsi Syndrom in der orthopädischen Praxis oft aus einem MRT Befund heraus. Gelegentlich wird nach einer ersten gründlichen Untersuchung, aus Mangel an zusätzlichen Informationen, die Diagnose Sinus Tarsi Syndrom gestellt. Auch in unserem Zentrum kommt dies ganz zu Beginn einer Behandlung vor.

Im besten Fall kann dann im Laufe der weiteren Behandlung vom behandelnden Arzt eine klare Ursache gefunden werden, die gezielt therapiert wird. Ist dies nicht möglich, erfolgt im nächten Schritt die Injektion in den Sinus Tarsi mit Schmerzmittel (z.B. Bucain) und einem kortisonhaltigen Medikament (z.B. Lipotalon). Tritt auch nach der Injektion keine Besserung ein, sollten Sie einen Spezialisten für Fuß und Sprunggelenk zu Rate ziehen.

Konservative Therapie bei Sinus Tarsi Syndrom

Bei erfolgreicher vollständiger Beschwerdebesserung nach der ersten Injektion in den Sinus Tarsi kann eine Serie von Injektionen mit immer größer werdenden Abständen zwischen den einzelnen Injektionen erfolgreich sein. Nach einer Untersuchung von H. Zipp (1994) sind in aller Regel sechs aufeinanderfolgende Injektionen in den Sinus Tarsi ausreichend. Dieses Vorgehen führt bei etwa 80% der Patienten zur dauerhaften Beschwerdelinderung.

Aufgrund der Vielzahl an möglichen Ursachen und der daraus abzuleitenden spezifischen Therapie sollte die Diagnose Sinus Tarsi Syndrom vorrangig von Spezialisten für Fuß und Sprunggelenk behandelt werden.

Vereinbaren Sie einen Termin in unserer Privatpraxis!
Tel. 030 – 34 39 59 47
anmeldung@ortho-pede.de

Zusätzliche spezifische Therapieoptionen

Je nach Ursache des Sinus Tarsi Syndroms sind physikalische Maßnahmen (Lymphdrainage, Manuelle Therapie, Wärme- / Kälteanwendungen) indiziert. Steht nach einem Unfall die Instabilität im Vordergrund, kommen physiotherapeutische Übungsbehandlungen zum Einsatz. Oft ist es zu Beginn der Therapie hilfreich, bestimmte Belastungen zu vermeiden (z.B. gehen/laufen auf unebenem Untergrund). Zur vorübergehenden Schmerzlinderung kommen auch entzündungshemmende Medikamente in Betracht.

Ist ein schwerer Knick-Senkfuß Hauptauslöser der Beschwerden, können passiv stützende Einlagen zur Beschwerdebesserung beitragen. Steht die Diagnose Rheumatoide Arthritis im Vordergrund, muss mit einer gezielten Therapie der Grunderkrankung begonnen werden.

Sinus Tarsi Syndrom: Operative Therapie

Etwa jeder fünfte Patient zeigt nach abgeschlossener Injektionsbehandlung über mindestens 12 Wochen weiterhin die typischen Beschwerden des Sinus Tarsi Syndroms. In diesen Fällen ist eine Operation indiziert.

Im Zentrum für Fuß und Sprunggelenk bevorzugen wir die arthroskopische minimalinvasive Operation. Dabei werden mit einer winzigen Optik aus der Handchirurgie (1,9mm oder 2,1mm Durchmesser) der Sinus Tarsi und das untere Sprunggelenk direkt vom Operateur inspiziert und so zeitgleich Diagnostik und Therapie durchgeführt. Dazu sind in der Regel nur zwei oder drei kleine Hautschnitte nötig.

In einer Studie von Frey konnte bei allen mit der Diagnose Sinus Tarsi Syndrom arthroskopierten Patienten durch den Eingriff eine spezifischere Diagnose und genauere Beschreibung des Problems erfolgen (Frey C. et al., FAI 1999).

Nur in seltenen Ausnahmefällen führen wir bei Sinus Tarsi Syndrom eine offene Operation durch. Dabei nutzt Dr. Böhr dann den sogenannten Ollier-Zugang mit einem Hautschnitt auf der Außenseite des Fußes unterhalb des Außenknöchels. Diese Art des operativen Zugangswegs wird bei anderen fußchirurgischen Erkrankungen oft genutzt (z.B. zur Versteifung des unteren Sprunggelenks) und ist in geübten Händen ein komplikationsarmes Standardvorgehen. So kann auch in schwierigen Fällen der Sinus Tarsi sicher und vollständig dargestellt und gleichzeitig chirurgisch therapiert werden.