Knochenbruch Mittelfuß
Ursache und Krankheitsbild
Immer wieder kommen verunsicherte Patienten mit Fußschmerzen zu uns, die aufgrund einer im MRT gestellten Diagnose „Knochenbruch Mittelfuß“ nach Hilfe suchen. Es gibt hier viele Begriffe mit ähnlicher Bedeutung, grundsätzlich müssen aber zwei Gruppen unterschieden werden:
- Knochenmarködem (auch: Bone Bruise, okkulte Fraktur, Ermüdungsbruch, Stressfraktur oder Marschfraktur genannt) – die mit Abstand häufigste Form.
- „Echte“ Knochenbrüche mit vollständiger Durchtrennung des Knochens in mindestens zwei Teile – davon ist besonders oft der 5. Mittelfußknochen betroffen.
Knochenmarködem der Mittelfußknochen
Die Begriffe Ermüdungsfraktur, Stressfraktur, okkulte Fraktur, Bone Bruise und Knochenmarködem haben alle eine Gemeinsamkeit: diese Diagnosen werden fast ausschließlich beim MRT gestellt. Es handelt sich um den Nachweis einer Überlastung des Knochens zu einem Zeitpunkt, wo dies im konventionellen Röntgen meist noch nicht sichtbar ist.
Das MRT kann hier seine Stärke ausspielen: es zeigen sich entzündliche Veränderungen des Knochens (Knochenmarkoedem), die durch die Überlastung verursacht werden.
Manchmal ist für den Patienten eine eindeutige Ursache erkennbar: zu schnell gesteigerte Trainingsbelastung beim Joggen oder eine sehr lange Wanderung. Viel häufiger ist aber kein eindeutiger Auslöser vorhanden. Dann ist die Ursachensuche wichtigster Teil der Behandlung! Denn nur wer die Ursache kennt, kann das Problem langfristig in den Griff bekommen. Häufige Ursachen sind Senk- und Spreizfuß mit Überlastung der Mittelfußknochen, Instabilität des Mittelfußes, fortgeschrittene Osteoporose, Arthrose der Mittelfußgelenke und Fehlbelastung nach länger zurückliegenden Unfällen.
Knochenbruch am Mittelfuß mit vollständiger Durchtrennung des Knochens
Ist ein Knochen in mindestens zwei Teile gebrochen, spricht man von Bruch oder Fraktur im engeren Sinn. Dann kann man den Bruch in aller Regel auf konventionellen Röntgenbildern erkennen und die Patienten berichten von einem plötzlichen Schmerzbeginn oder einem auslösenden Ereignis, wie z.B. ein Fehltritt im Garten. Der häufigste Knochenbruch am Mittelfuß ist die Fraktur des fünften Mittelfußknochens.
In so einem Fall gibt es sehr gute Empfehlungen der unfallchirurgischen und fußchirurgischen Fachgesellschaften, was zu tun ist. Dr. Böhr ist ausgebildeter Unfallchirurg und hat bei der Behandlung solcher Verletzungen über viele Jahre große Erfahrung gesammelt.
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Besonderheiten des fünften Mittelfußknochens
Der fünfte Mittelfußknochen bildet den prominenten Fußaußenrand auf der Seite der kleinen Zehe. Dadurch ist dieser Knochen weniger gut geschützt und besonders oft von Knochenbrüchen betroffen.Der Knochenbruch am fünften Mittelfußknochen ist der häufigste Knochenbruach am Mittelfuß! Zudem ist das fersennahe Ende des fünften Mittelfußknochens direkt mit einer sehr kräftigen Sehne verbunden (Peroneus brevis Sehne). Dadurch ergeben sich Behandlung von Brüchen des fünften Mittelfußknochens mehrere Besonderheiten.
Eine Schaftfraktur des fünften Mittelfußknochens (also im mittleren Teil des Knochens) wird auch Dancers fracture genannt und muss in aller Regel operativ versorgt werden. Bereits kleine Fehlstellungen führen hier zu dauerhaften Problemen bei Belastung des Fußes mit Schmerzen am Fußaußenrand. Abhängig von der genauen Stelle des Mittelfußbruchs werden bei der Operation meistens kleine Platten benutzt, um den Knochen in der richtigen Stellung zu halten. Die Nachbehandlung erfolgt im Verbandsschuh und dauert etwa 6 Wochen.
Falls Schaftfrakturen des fünften Mittelfußknochens in Einzelfällen funktionell konservativ ohne Operation nachbehandlet werden, sollten unbedingt regelmäßige Röntgenkontrollen erfolge. Die sekundäre Verschiebung der Bruchstücke ist in den ersten Wochen nicht selten. Dann sollte eine operative Thearpie erneut in Erwägung gezogen werden.
Frakturen an der Basis des fünften Mittelfußknochens – hier ist besondere Aufmerksamkeit gefordert
Frakturen an der Basis des fünften Mittelfußknochens (das fersennahe Ende des Knochens) machen über 60% aller MT 5 Frakturen aus müssen noch genauer differenziert werden. Man unterscheidet drei Frakturzonen: Zone 2 auf Höhe der Gelenkfläche des Nachbarknochens (TMT 4-Gelenk), Zone 1 oberhalb davon an der äußersten fersennahen Spitze des fünften Mittelfußknochens – auch Avulsionsfraktur genannt, und unterhalb des TMT 4 Gelenks Zone 3 in Richung Schaft des fünften Mittelfußknochens (Einteilung nach: Lawrence SJ & Botte MJ, FAI 1993). Die genaue Lokalisation des Knochenbruchs ist direkt relevant für die notwendige Therapie – es lohnt sich also die unterschiedlichen Formen sauber und sicher zu unterscheiden.
Zone 1: Avulsionsfraktur des 5. Mittelfußknochens – ein knöcherner Sehnenausriss des Peroneus brevis
An der äußersten fersennahen Spitze des fünften Mittelfußknochens setzt die sehr kräftige Sehne des Peroneus brevis Muskels an. Dieser Muskel streckt den Fuß in Richtung Fußsohle (Plantarflexion) und dreht gleichzeitig die Fußsohle nach außen (Pronation) – hier wirken bei jedem Schritt hohe Kräfte auf den fünften Mittelfußknochen. Kommt es hier zu einem Knochenbruch, sprechen folgende Kriterien für die Entscheidung zu einer Operation:
- Verschiebung der Knochen um mehr als 2mm
- schmerzhafte prominente Knochenkante durch die Haut tastbar
- mehr als 30% der Gelenkfläche zum Cuboid sind betroffen
Liegt keines dieser Kriterien vor, kann die Fraktur der Zone 1 an der Basis des fünften Mittelfußknochens frühfunktionell konservativ behandelt werden – also ohne Operation. Dazu nutzen wir die Ruhigstellung im Longwalker mit Teilbelastung in den ersten beiden Wochen nach der Fraktur und dann schmerzadpatierte Vollbelastung bei angelegtem Longwalker, bis 6 Wochen nach dem Knochenbruch vergangen sind.
Therapie der Fraktur in Zone 2 am Metatarsale 5
Die Fraktur der Zone 2 (Definition: an der Basis des fünften Mittelfußknochens auf Höhe des TMT 4 Gelenks) ist bei den meisten Patienten nicht disloziert. Die Knochenstücke sind also auseinandergebrochen, stehen aber in einer sehr guten Position zueinander. Nicht verschobene Frakturen der Zone 2 können ohne Operation behandelt werden.
Frakturen der Zone 2 wurden früher als Jones Fraktur bezeichnet. Dieser Begriff wird jedoch in der wissenschfatlichen Literatur irreführend und für unterschiedliche Frakturzonen genutzt. Deshalb sollte der Bezeichnung Jones Fraktur nicht mehr verwendet werden!
Genau wie in Zone 1 sollten Frakturen der Zone 2 mit deutlicher Verschiebung der Knochenstücke oder >2mm Stufenbildung im TMT 4 Gelenk operiert werden. Patienten mit sehr hohem Anspruch an Funktion und schnelle Rehabilitation (z.B. Profisportler, Tänzer, Turner, Judoka) sollten grundsätzlich operiert werden. Als Implantate nutzen wir im Zentrum für Fuß und Sprunggelenk intramedulläre Zugschrauben und winkelstabile Platten.
Zone 3: schaftnahe Basisfrakturen des fünften Mittelfußknochens
Frakturen in der Zone 3 werden in aller Regel operativ versorgt. Dabei spielt es hier keine Rolle, ob die Fraktur verschoben ist oder nicht. Für die Operation nutzen wir kanülierte intramedulläre Zugschrauben in Abhängigkeit vom Druchmesser des Knochens. Die nicht-operative Therapie sollte die Ausnahme bleiben bei Patienten mit schweren Nebenerkrankungen oder stark eingeschänkter Mobilität, da mehr als die Häflte der Patienten nach einer konservativen Therapie nicht beschwerdefrei werden.
Seltene Erkrankungen an der Basis des fünften Mittelfußknochens
Zudem gibt es am fünften Mittelfußknochen noch mehrere Erkrankungen, die ähnliche Beschwerden verursachen können wie ein Mittelfußbruch: das sehr seltene symptomatische Os Vesalianum (ein zusätzlicher aber unnützer Knochen im Ansatzbereich der Peroneus Brevis Sehne) und im Alter zwischen 10-14 Jahren der Morbus Iselin – eine aseptische Osteochondrose der Apophyse des fünften Mittelfußknochens.
Mittelfußfraktur beim Kind – was ist zu beachten?
Allgemeine Informationen zu kindlichen Knochenbrüchen an Fuß und Sprunggelenk finden Sie in unserem BLOG Beitrag: Knochenbruch beim Kind an Fuß und Sprunggelenk – was ist wichtig?
Mittelfußfrakturen beim Kind sind oft die Folge von direkter Krafteinwirkung: der Fuß wird beim spielen eingeklemmt oder ein schwerer Gegenstand ist direkt auf den Fuß gefallen. Besonders beachtet werden müssen die im Kindesalter noch offenen Wachstumsfugen und die unvollständige Verknöcherung der Apophysen. Falls Ihnen hier Unsicherheiten im Rahmen der Fraktaurbehandlung begegnen, sollten Sie unbedingt einen Spezialisten für Fuß und Sprunggelenk konsultieren.
Die meisten Mittelfußbrüche im Kindesalter heilen nach einer begrenzten Ruhigstellung von 4-6 Wochen folgenlos aus. Ein sicheres Zeichen für gute Ausheilung ist der fehlende Druckschmerz über der Bruchstelle bei der ärztlichen Untersuchung.
Besondere Vorsicht ist bei Knochenbrüchen des ersten (Großzehe) und fünften (Fußaußenrand) Mittelfußknochens geboten. Vergleichbar mit der Situation bei Erwachsenen kommt es hier häufiger zu Achsabweichungen und knöcherner Fehlstellung nach der Ausheilung. In so einem Fall sollte die Therapie individuell von einem Spezialisten geplant und überwacht werden.
Therapie bei Mittelfußfraktur
Therapie bei Knochenmarködem der Mittelfußknochen
Die Therapie zielt zunächst darauf ab, kurzfristig die Beschwerden zu lindern. Dies wird durch Entlastung, Schonung und Ruhigstellung erreicht. Entweder durch einen klassischen Gips oder durch modernere Shortwalker. Zusätzlich kommen Schmerzmittel und Gehstützen zum Einsatz.
In einem zweiten Schritt muss dann die eigentliche Ursache therapiert werden. Sonst kommen früher oder später die Beschwerden zurück und die Probleme beginnen erneut. Das können zum Beispiel eine ausgeprägte Osteoporose , eine deutliche Fehlstellung und Fehlstatik der Fußknochen oder eine Gangunsicherheit sein. Vor allem bei jüngeren Patienten findet sich oft ein direkt nachvollziehbarer Unfall als offensichtlicher Auslöser.
Therapie bei Knochenbruch am Mittelfuß mit vollständiger Durchtrennung des Knochens
Die Therapie kann konservativ erfolgen, wenn keine relevante Verschiebung der Knochenstücke zueinander eingetreten ist. Je nachdem welcher Knochen betroffen ist, können Fehlstellungen bis maximal 2 mm akzeptiert werden.
Falls der Knochenbruch deutlich verschoben ist oder besonders belastete Knochen vom Bruch betroffen sind, muss operiert werden. Das betrifft häufig den 5. Mittelfußknochen und den Mittelfußknochen der Großzehe. Bei der Operation werden die Knochenteile wieder fest zusammengefügt und können danach in der richtigen Stellung zueinander ausheilen. Solche Eingriffe führt Dr. Böhr meist als ambulante OP unter Lupenbrillenvergrößerung durch.