Arthrose der Großzehe (Hallux Rigidus)
Ursache und Krankheitsbild
Der Gelenkverschleiß des Großzehengrundgelenks (Arthrose der Großzehe, Hallux Rigidus) ist ein häufiges Problem: mehr als 30% der Patienten über 50 Jahre sind betroffen. Ursache ist die zunehmende Abnutzung und Zerstörung des Gelenkknorpels. Dabei stehen Schmerzen und Bewegungseinschränkung sowie wiederkehrende Entzündung bei Belastung im Vordergrund.
Das Abrollen des Fußes ist bei Arthrose deutlich erschwert, denn die Großzehe trägt dabei bis zu 50% des Körpergewichts. Bei sportlichen Belastungen, wie Rennen oder Springen, kann sich diese Belastung sogar noch um ein Vielfaches steigern! Viele Patienten erlernen daher über Jahre unbewusst Ausweichbewegungen und verlagern dadurch die Belastung auf anderen Strukturen wie den Fußaußenrand, was dann wiederum zu Folgeproblemen führt.
Hallux Rigidus – Begriffserklärung und Synonyme
Der Begriff Hallux Rigidus bedeutet „steife Großzehe“ und bezieht sich auf die stark eingeschränkte Beweglichkeit des Großzehengrundgelenks bei Arthrose. Da Hallux Rigidus eine sehr häufige Erkrankung ist, sind mehrere synonyme Begriffe im Gebrauch: Hallux Limitus, Hallux Dolorosus oder Hallux Malleus. Alle Begriffe beschreiben dieselbe Erkrankung: Arthrose des Großzehengrundgelenks. Der Begriff Hallux Limitus („eingeschränkte Großzehe“) wird dabei auch zur Beschreibung einer milderen Ausprägung des Hallux Rigidus genutzt.
Begriffe mit fast identischer Bedeutung:
Osteochondrose im Großzehengrundgelenk
Arthrose im Großzehengrundgelenk
Hallux Rigidus
Hallux Limitus
Hallux Dolorosus
Hallux Malleus
Habe ich Arthrose im Großzehengrundgelenk? Was sind die typischen Beschwerden?
Die typischen Symptome bei Hallux Rigidus (Arthrose im Großzehengrundgelenk) sind Schmerzen beim Laufen zusammen mit Schwellung und Entzündung sowie reduzierte Beweglichkeit der Großzehe. Besonders eingeschränkt ist die Bewegung der Großzehe vom Boden weg (Dorsalextension). Dadurch wird das Abrollen beim Laufen zunehmend schmerzhaft und beschwerlich.
Einige Patienten bemerken als erstes Symptom, dass es immer schwieriger wird passende Schuhe zu finden. Das Großzehengrundgelenk benötigt mit zunehmender Arthrose immer mehr Platz im Schuh. Dadurch kommt es vor allem auf der Oberseite zum Schuhkonflikt. In manchen Fällen steht das Gelenk auf der Innenseite des Großzehengrundgelenks so prominent hervor, dass es für Patienten und ungeübte Untersucher aussieht wie ein Hallux Valgus.
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Diagnostik bei Hallux Rigidus
Die Beschwerden bei Arthrose im Großzehengrundgelenk sind auch für viele Patienten leicht zu erkennen. Die Aussage: „Ich hab´ Arthrose an der Großzehe – was machen wir denn jetzt?“ hören wir oft bereits zu Beginn des ersten Termins.
Bei der ärztlichen Untersuchung zeigt sich ein schmerzhaftes vergrößertes Gelenk mit eingeschränkter Beweglichkeit. Zur Abklärung von Ursache und Ausprägung der Erkrankung werden weitere Untersuchungen durchgeführt. Die Ultraschalluntersuchung zeigt das Ausmaß der Gelenkentzündung, die dynamische Pedobarografie die Auswirkungen auf das Gangbild und die Röntgendiagnostik die eingetretenen Veränderungen am Knochen.
Im Zentrum für Fuß und Sprunggelenk nutzen wir zur Röntgendiagnostik die Digitale Volumentomografie (DVT). Durch die dreidimensionale Darstellung der Knochen und die hohe Ortsauflösung kann so eine zielgerichtete Therapie geplant werden.
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Die Magnetresonsanztomografie (MRT) gehört bei Arthrose im Großzehengrundgelenk nicht zum Standardvorgehen. Es gibt aber immer wieder Situationen, in denen sich aus der Kombination von MRT und DVT die entscheidenden Informationen für die optimale Therapieplanunung ergeben. Insbesondere bei noch milde ausgeprägter Arthrose kann dies der Fall sein. Häufiges Beispiel sind jüngere Patienten (in diesem speziellen Zusammenhang bedeutet „jünger“: jünger als 50 Jahre) mit Verdacht auf isolierte Schädigung des Knorpels oder Patienten jeden Alters mit deutlicher Verschlechterung der Beschwerden nach einem Unfall.
Bei entsprechendem Verdacht können durch ein ausführliches Patientengespräch und ergänzende Untersuchungen Ursachen wie Gicht (Podagra), Rheumatoide Arthritis oder Seronegative Spondylarthropathie aufgespürt werden.
Steht bereits ein operativer Eingriff im Raum, sollten zusätzlich die Duplexsonografie der Gefäße und eine orientierende neurologische Untersuchung erfolgen.
Hallux Rigidus – wie schlimm ist es bei mir?
Bei der Beschreibung der Arthrose im Großzehengrundgelenk orientieren wir uns im Zentrum für Fuß und Sprunggelenk an der Klassifikation von Coughlin und Shurnas (Coughlin MJ, Shurnas PS, JBJS Am, 2003). Hierbei wird von Stadium 0 (Beginn der Erkrankung) bis Stadium 4 (sehr schwer ausgeprägte Arthrose im Großzehengrundgelenk) unterschieden.
Zu Beginn der Arthrose im Großzehengrundgelenk entstehen Schmerzen nur nach sehr langen Wegstrecken. Die Beweglichkeit ist nur gering und oft für Patienten unmerklich eingeschränkt. Liegen bereits Röntgenbilder vor, sind keine oder nur minimale Veränderungen nachweisbar. (Stadium 0).
Im Stadium 1 klagen die Patienten wiederkehrende milde Schmerzen bei Belastung und ein Gefühl der „Steifigkeit“ im Großzehengrundgelenk (durch die wiederkehrende Gelenkentzündung). Die Beweglichkeit im Großzehengrundgelenk ist im Vergleich zur gesunden Seite eingeschränkt und im Röntgen / DVT sieht man den typischen dorsalen Knochenhöcker (Osteophyt).
Schreitet die Erkrankung weiter fort, bilden sich zusätzlich auch auf der Innen- und Außenseite des Großzehengrundgelenks Osteophyten (knöcherne Ausziehungen). Die Schädigung des Gelenkknorpels ist nun auch im Röntgenbild deutlich sichtbar. Die Patienten beschreiben Schmerzen, Schwellung und Bewegungseinschränkung im Großzehengrundgelenk in alltäglichen Situationen (Stadium 2).
Im Stadium 3 bestehen die Schmerzen im Großzehengrundgelenk oft dauerhaft und es zeigt sich eine ganz erhebliche schmerzhafte Bewegungseinschränkung. Im Röntgen / DVT sind mehr als 25% der Gelenkfläche schwer von der Arthrose betroffen.
Bei sehr ausgeprägter Arthrose im Großzehengrundgelenk (Stadium 4) ist der Zeh wackelsteif und Schmerzen entstehen bei der Untersuchung sogar in Neutralposition (midrange of motion). Dies ist ein wichtiger Hinweis darauf, dass der Gelenkknorpel großflächig und unwiederbringlich geschädigt ist.
Therapie bei Arthrose der Großzehe
Nach Diagnosestellung ist fast immer zunächst die funktionell-konservative Therapie angezeigt. Diese umfasst spezielle Einlagen, Schuhzurichtungen, entzündungshemmende Medikamente, physikalische Maßnahmen und Physiotherapie. Ziel aller Maßnahmen ist es, das Fortschreiten der Arthrose zu verlangsamen und schmerzfreies Laufen zu ermöglichen.
Bevor eine Operation geplant wird, sollte möglichst lange die konservative Behandlung erfolgen. Damit kann zwar der Verschleiß nicht rückgängig gemacht werden, jedoch ist eine schmerzfreie Mobilität im Alltag überraschend oft über längere Zeit möglich. Wichtig zur Beureilung für die Patienten ist die Tatsache, dass Arthrose im Großzehengrundgelenk nicht rückgängig gemacht werden kann! Ab einem bestimmten Grad der Abnutzung erreichen konservative Maßnahmen keine ausreichende Schmerzlinderung mehr. Dann kann eine Operation helfen, die Belastbarkeit der Großzehe wiederherzustellen.
Komlexe und stark spezialisierte Strukturen mit hohen biomechanischen Ansprüchen erfordern ein differenziertes therapeutisches Vorgehen – und die Beherrschung eines großen Spektrums konservativer und operativer Behandlungsoptionen (Rammelt S., Fuß- und Sprunggelenkchirurgie, 2016).
Cheilektomie
Für leichte und mittelgradige Arthrosen ist die Cheilektomie das Mittel der Wahl. Dabei wird das Gelenk bei der Operation mobilisiert und geglättet, entzündliches Gewebe entfernt und abschließend dekomprimiert. Solche Eingriffe führt Dr. Böhr persönlich unter Lupenbrillenvergrößerung durch. Abhängig vom Alter des Patienten und den Begleiterkrankungen ist dies als ambulante OP oder als stationärer Eingriff möglich.
Youngswick-Osteotomie
Bei leicher und mittelgradiger Arthrose des Großzehengrundgelenks (auch in Kombination mit einem milden Spreizfuß) nutzen wir die Youngswick-Osteotomie. Dabei erfolgt eine Verschiebung des ersten Mittelfußknochens und es kommt zur Entlastung des Großzehengrundgelenks. Mit dieser Methode kann auch ein milder Spreizfuß mit Hallux Valgus zusätzlich korrigiert werden.
Moberg-Osteotomie
Als Ergänzung zur Youngswick-Osteotomie (am ersten Mittelfußknochen) nutzen wir oft die Moberg Osteotomie (am Grundglied der Großzehe). Dabei wird der Knochen auf der Zehennagel-Seite des Großzehengrundgelenks operiert. Durch eine keilförmige Korrekturosteotomie wird die Position der Gelenkfläche so verändert, dass die Patienten besser abrollen können. Die Moberg Osteotomie nutzen wir zur Optimierung der Ergebnisse einer Youngswick-Osteotomie.
Cartiva-Implantat
Bei fortgeschrittener Arthrose im Großzehengrundgelenk gab es bis vor kurzem wenig Auswahl für Patienten. Goldstandard ist und bleibt unverändert die Versteifungsoperation (Guzman JS et al., FAS 2024). Grundsätzlich stehen jedoch mehrere operative Methoden zur Verfügung, die Versteifung hinauszuzögern und das Gelenk länger beweglich zu halten. Voraussetzung ist allerdings, dass die Patienten ausführlich über die möglichen Risiken bei dieser Art von Operation aufgeklärt werden.
Bei der Operation wird ein Abstandhalter in das Gelenk eingebracht. Dadurch reiben die verschlissenen Gelenkflächen weniger aufeinander und die Beschwerden durch die Arthrose können sich deutlich reduzieren. Das Großzehengrundgelenk bleibt beweglich, aber die Risiken einer Komplikation in den ersten Wochen und Monaten nach so einer Op sind im Vergleich zur Arthrodese erheblich. Für Patienten wichtig zu wissen: beim einigen Implantaten dauert es deutlich länger als bei der Versteifung des Großzehengrundgelenks, bis sich eine relevante Verbesserung der Schmerzen einstellt.
Versteifung / Arthrodese
Weit fortgeschrittene Arthrose der Großzehengrundgelenkes werden mit einer operativen Versteifung behandelt. Dies ist eine seit vielen Jahren erprobte Methode mit oft exzellenten Ergebnissen. Auch bei jungen und sportlich sehr aktiven Patienten kommt diese OP-Methode bei schwerer Arthrose im Großzehengrundgelenk mit großem Erfolg zum Einsatz. Aus der Vergangenheit wissen wir, dass vor allem die ausbleibende Knochenheilung (Pseudarthrose) nach so einer Versteifungsoperation problematisch ist. Im Zentrum für Fuß und Sprunggelenk nutzt Dr. Böhr die OP-Variante mit dem geringsten Risiko einer Pseudarthrose: Zugschraube kombiniert mit einer winkelstabilen Platte.
Abhängig von der individuellen Fußstatik des Patienten (Senkfuß, Spreizfuß, Hohlfuß, etc) muss auf die korrekte Position des Großzehengrundgelenks nach der Versteifung geachtet werden. Bei neutraler Fußform werden etwa 15° Dorsalextension im Vergleich zur Fußautrittsfläche und 5-7° Valgusposition zur Fußlängsachse angestrebt (Rammelt S., Fuß- und Sprunggelenkchirurgie, 2016).
Zwei Probleme treten gelegentlich nach der Versteifung des Großzehengrundgelenks auf: Mittelfußschmerzen bei zu starker Belastung der benachbarten Zehen (Transfermetatarsalgie) und eingeschränkte Schuhwahl. Denn aufgrund der fehlenden Beweglichkeit im Großzehengrundgelenk können nach einer Versteifungsoperation keine hohen Absätze mehr getragen werden.
Die meisten Patienten sind nach der Operation überrascht, wie wenige Einschränkungen im Alltag nach einer Arthrodese (Versteifung) des Großzehengrundgelenks bestehen. Da die Schmerzen im Großzehengrundgelenk nach Ausheilung der Versteifungsoperation oft der Vergangenheit angehören, erleben vielen operierte Patienten einen deutlichen Zuwachs an Alltagsaktivität und Lebensqualität!